Palestrina

Palestrina liegt etwa siebenunddreißig Kilometer südöstlich von Rom am Monte Ginestro. In Palestrina kann man noch das ursprüngliche Italien erleben, mit viel mediterraner Atmosphäre, kleinen Bars, guten Restaurants – ohne Massentourismus, ein echter Geheimtipp!

Die Ursprünge von Palestrina gehen bis in das zweite Jahrtausend vor Christus zurück, die Bürger von Palestrina behaupten, dass ihre Stadt älter als Rom sei. Eine erste bedeutende Rolle spielte Palestrina bereits zur Königszeit, denn hier hat man viele Fundstücke von Fürstengräbern des 8. und 7. Jahrhunderts vor Christus gefunden, die heute zum Teil im örtlichen Museum, aber auch in Rom, im Museum für etruskische Kunst in der Villa Giulia ausgestellt sind. Eine der ersten antiken Straßen verband Rom mit Palestrina, die sogenannte Via Prenestina (der antike Name von Palestrina lautete Preneste), was die enge Verbindung zwischen Rom und Palestrina deutlich macht.

Eine große Bedeutung bekam Preneste um 100 vor Christus, als hier eine der größten Tempelanlagen der römischen Antike entstand: Der Tempel der Fortuna Primigenia. Dieser gewaltige Komplex bestand aus sechs Terrassen, verbunden durch Rampen und Treppen. Auf einer dieser Terrassen sehen wir eine hohe Nische, dort brannte ein Feuer, was man auch vom Meer aus sehen konnte. Es diente den Seefahrern als Wegweiser. Auf der nächsten Ebene gab es zwei Brunnen. Der eine diente als Orakel, wie uns Cicero beschrieb. Das heißt, Preneste war das römische Delphi. Diese gewaltige Tempelanlage kann man auch heute noch besichtigen. Dies verdanken wir allerdings einem dramatischen Ereignis. Seit dem Mittelalter hatte die Bevölkerung in diesen Tempel ihre kleinen Häuser und Kirchen gebaut, sodass man schließlich nichts mehr von dem ursprünglichen prächtigen Tempel sehen konnte. 1944 wurde Palestrina von den Amerikanern bombardiert, und erst durch dieses Ereignis sind die antiken Strukturen wieder zum Vorschein gekommen.

Heute hat Palestrina einen typisch mittelalterlichen, mediterranen Charakter mit engen Gasseb und vielen Treppen, da der Ort ja am Hang liegt. Aber man hat sehr schön nahezu die ganze Tempelanlage
freigelegt. Die oberste Terrasse nimmt heute der Palazzo Barberini ein, mit einem hochinteressanten Museum mit Fundstücken aus dem antiken Preneste: Statuen, Schmuck, Inschriften, antike Schminkschatullen (sogenannte Ficoroni), Grabsteine. Vor allem aber sehen wir hier eines der größten Mosaike der römischen Antike, das sogenannte Nilmosaik (siehe Foto oben), ca. 2100 Jahre alt. Dargestellt wird eine Nillandschaft mit Tieren und Menschen. Dieses Mosaik ist reich an Details, ungeheuer farbig und perfekt in der Komposition.

Wer sich für Kirchenmusik interessiert, der sollte auf keinen Fall einen Besuch im Geburtshaus von Pierluigi da Palestrina verpassen, der im 16. Jahrhundert in Palestrina geboren wurde und einer der bedeutendsten Meister der Polyphonie war. Auf dem Domplatz im Zentrum steht seine Statue.

Die Brüder Heinrich und Thomas Mann hielten sich Ende des 19. Jahrhunderts für zwei Sommer in Palestrina auf. Thomas Mann wurde hier für seinen Doktor Faustus inspiriert und schrieb einen Großteil der Buddenbrooks während seines Aufenthaltes in Palestrina

Palestrina läßt sich recht gut von Rom aus erreichen. Entweder man nimmt vom Hauptbahnhof den Zug Richtung Frosinone/Cassino und steigt nach etwa 30 Minuten in Zagarolo aus; von Zagarolo fahren regelmäßig Busse nach Palestrina (Fahrzeit ca. 10 Minuten). Oder aber man nimmt einen Bus von der Metrostation Anagnina oder Ponte Mammolo (Fahrzeit bis Palestrina ca. 45 Minuten).

Foto: Carole Raddato | Some rights reserved